Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ging der alte Trainer mit einem Sieg und der neue Trainer kommt mit einer Niederlage. Aber das Spiel erzählt ein etwas größere Geschichte und ist als klarer Schritt nach vorne zu werten, obgleich es letztlich aufgrund auch einiger Fehler sowie Fehlentscheidungen nicht zum Überraschungssieg gegen den Tabellenführer reichte.
Das erste Drittel war wie so viele Auftaktdrittel in dieser Saison - einfach gut. Simples Hockey, gute Zweikampfführung, vorne viele Chancen kreiert, aber halt auch wieder viele Möglichkeiten vergeben. Gleich zu Beginn trifft Knackstedt den Pfosten, danach Filin, Ritter und Co. mit einigen Hochkarätern und dazwischen trifft ausgerechnet Elvijs Biezais nach langer, auch zwischenzeitlich verletzungsbedingter Zwangspause zur verdienten Führung. Möglich geworden, weil Brockmann auf Vieregge statt Helenius im Tor setzte, der bereits in Kassel gegen die Huskies überzeugen konnte. Es sollte sich als gute Entscheidung herausstellen.
Zu Beginn des zweiten Abschnitts trifft Kassel dann leider direkt zum Ausgleich, allerdings aus einer Abseitsposition heraus. Das mittlerweile bereits dritte Kreuz im DEL2-Bonusheft für irreguläre Tore. Gibt es nach fünf Stück eigentlich Bonuspunkte?! Die Liga darf gerne einmal über den Ansatz nachdenken. Dadurch Kassel aus dem Nichts im Spiel und statt mit zwei oder drei Toren im Rückstand zu liegen, nun plötzlich klar am Drücker. Die Eislöwen berappeln sich allerdings wieder und kommen dank Steve Hanusch zur erneuten Führung. Den erneuten Ausgleich begünstigt eine schläfrige Phase im eigenen Drittel, in der sich Goalie Vieregge zu weit aus seinem Tor ziehen lässt, wodurch Kassel lässig einschieben kann, auch weil alle Eislöwen-Feldspieler nur die Zuschauer mimen. Danach verhindert Vieregge im Liegen den Rückstand. Weltklasse. Ein typisches Dresdner Mitteldrittel in dieser Saison endet somit statt mit einer verdienten Führung, mit einem Unentschieden, aber immerhin.
Das Schlussdrittel beginnen die Gäste dann forsch und zwingen uns immer wieder zu Fehlern im Spielaufbau, die wir allerdings auch teilweise ohne Not fabrizieren. So wie der ansonsten sehr starke Matej Mrazek, der erst die Scheibe gewinnt, befreien könnte, aber stattdessen ins Eins gegen Eins geht und die Scheibe verliert. In der direkten Folge wissen wir uns dann nur durch ein Foul zu helfen, spielen somit Unterzahl und bekommen unsererseits in dieser Unterzahl eben den Pfiff nicht, als Lavallée klar gelegt wird. Danach ist es fast Gesetz, dass Kassel die bis dahin einzige Überzahl nutzt, auch wenn offiziell beim Führungstor die Strafzeit gerade abgelaufen war.
Anschließend versucht das Team teils wütend zu antworten, verliert aber dadurch zu sehr die Ordnung und hat zwischenzeitlich Glück sowie einen überragenden Vieregge im Tor, der im Verbund mit dem Torgestänge die Siegchance am Leben hält. Kurz vor Schluss sorgt dann Toni Ritter doch noch dafür, dass man sich nach diesem Spiel mit Zählbarem belohnt und schießt die Eislöwen zum fünften Mal in dieser Saison zuhause in die Verlängerung.
In der geht es wild zu, hin und her. 4 gegen 3, 4 gegen 4, 3 gegen 3, 3 gegen 4, gute Chancen auf beiden Seiten und am Ende zwei Monsterparaden von Nick Jordan Vieregge, die das Team auch nach 65 Minuten noch vom Siegen träumen lassen.
Im Shootout sorgen Ranta und Vieregge dann für eine fast schon gemähte Wiese, doch Filin scheitert mit seinem Gewaltschuss und so kann Kassel auch das Penaltyschießen in die Verlängerung zwingen. In der man dann direkt trifft, während Ranta im zweiten Versuch scheitert. Nicht der gewünschte Abschluss des Jahres.
Kassel damit am Ende der sehr glückliche Sieger, der seine Siegesserie fortsetzen kann und auf 7 erhört. Die Eislöwen aber haben dem Spitzenreiter nicht nur einen Punkt abgeknöpft und so viele Tore erzielt, wie die letzten sechs Huskies-Gegner zusammen, sie haben mit diesem Spiel, trotz weiterhin sichtbarer Baustellen einen großen Schritt nach vorne gemacht und etwas Selbstvertrauen für das Jahr 2021 tanken können. Eine Reaktion des Teams war allerdings nach dem Trainerwechsel auch Grundvoraussetzung und daher in gewisser Form zu erwarten.
Fazit: Vieregge hat sein schwaches Spiel gegen Kaufbeuren mental gut abgehakt, heute trotz des unglücklichen Tores zum 2:2 eine überragende Vorstellung gezeigt und mit mehreren Glanzparaden abermals bewiesen, dass er genug Talent mitbringt, um zukünftig zur Nummer Eins an der Elbe aufzusteigen. Das Abwehr- und Zweikampfverhalten heute wieder solide, wenngleich immer noch nicht fehlerfrei.
Special Teams in anderer Besetzung, aber derzeit fast nur im Spiel trainierbar. Hier braucht es einfach Erfolgserlebnisse und dauerhaft mehr Power von der blauen Linie im Offensivbereich, beim Killing dagegen einfach auch mal das Quäntchen mehr Glück, was man sich allerdings auch erarbeiten muss.
Offensiv war der Ertrag gegen diesen qualitativ hochwertigen Gegner (der heute aber auch nicht seinen besten Tag hatte) in Ordnung und dennoch könnte man allein im ersten Drittel, als Kassel fast zu keiner zwingenden Chance kam, während Kuhn gut zu tun hatte, mindestens zwei oder drei Tore mitnehmen und sich so ein deutlich ruhigeres Kissen verschaffen.
Alles in Allem waren es mit Blick auf das irreguläre Gegentor vielleicht gefühlt zwei verlorene Punkte, jedoch aufgrund des letzten Abschnitts auch irgendwie ein gewonnener Zähler, wobei die Eislöwen den Sieg und den Zusatzpunkt mehr verdient hatten als der Gast. Doch danach fragt halt leider jetzt schon keiner mehr, wenn er auf das Punktekonto schaut.
Die vielen guten Dinge aus diesem Spiel sollte man dennoch mitnehmen und mit Schwung ins Jahr 2021 starten. Es kann nur besser werden und wir glauben dran, dass wir die Kurve bekommen, notfalls auch über den Umweg Playdowns.
In den letzten drei Partien war ein stetiger Aufwärtstrend zu sehen und daran gilt es anzuknüpfen. Tschüss 2020.
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